FCSG vs. FCZ 1:1 – «Diä muesch schloh»

Die Zürcher gehen kurz vor der Pause dank eines Penaltytreffers in Führung. St.Gallen gleicht in der zweiten Halbzeit in Unterzahl aus und drückt nach einer gelb-roten Karte gegen einen Zürcher auf den Führungstreffer – bleibt aber erfolglos. Die Partie zum Nachlesen im SENF-Ticker.

FCSG – FCZ 1:1

Abpfiff – St.Gallen und Zürich trennen sich 1:1. Wir schwanken zwischen Rausch und Ernüchterung. Allerdings ist die Ernüchterung stärker und sie wird stärker werden in den nächsten Stunden. Unschön. St.Gallen war besser. Achtzehnmal schoss der FCSG aufs Tor. Beim FCZ notierten die Statistiker nur acht Torschüsse. Mit diesem Punkt zieht St.Gallen an Luzern vorbei. Gibt Schlimmeres. Danke fürs Mitlesen und bis bald.

Minute 91 – „I ka nüme“ – na toll… Ab jetzt arbeite ich hier alleine. Gelingt hier noch der Sieg?

Minute 90 – „Nur zwei Minute, Mann“… Die Nachspielzeit beginnt.

Minute 89 – Wir sind hier offenbar wiedermal ansteckend. Auch die Kollegen neben uns von FM1 rufen aus, fluchen und fiebern mit.

Minute 88 – „Diä muesch schloh“, so der Kommentar von R.S. Und er hat recht. Der FCSG ist hier vor allem in der zweiten Halbzeit überlegen. Und tendenziell haben wir ohnehin selten etwas gegen „diä muesch schloh“, wenns um die Gegner des FCSG geht.

Minute 87 – R.S. nimmt mittlerweile Zigaretten an, die man ihm einfach hinnwirft. Nicht mehr mit fragen oder bedenken, Nervenfutter ist dringen nötig.

Minute 85 – Verkehrte Welt, plötzlich beginnen die Zürcher Fussball zu spielen. R.S. ist pessimistisch. Aber einen Punkt holen wir hier – mindestens. Wort drauf.

Minute 82 – Bei der Anzahl gelber Karten der Zürcher, war doch klar, dass der Kollege bereits gelb hatte. So, und jetzt holen wir uns die drei Punkte!

Minute 81 – Auge um Auge, Wahn um Wahn, zehn gegen zehn. Doumbia fliegt mit Gelb-Rot vom Platz. Uns erschliesst sich nicht ganz, was da vorgefallen ist. Das hält A.B. freilich nicht davon ab, seine Meinung kundzutun: „Dä hät scho Gäl! Vom Platz stelle!“

Minute 79 – Der FCZ und die Dreistigkeit. 79. Minute, 1:1, ein Spieler mehr auf dem Platz. Und dann Zeitspiel. Das muss man sich einmal vorstellen.

Minute 76 – Yeeeees! Ausgleich. Die Zürcher verlieren in der Vorwärtsbewegung den Ball und sind für ein paar Sekunden unsortiert. Ruiz spürt das, weiss das, initiiert sofort einen Angriff. Schreitet mit der Kugel durch das Mittelfeld. Kurz vor der Strafraumgrenze übergibt er den Ball Duah, der schliesslich trifft. Jesses, ist Zürich schlecht. Die haben einen Spieler mehr auf dem Platz und weigern sich, am Spiel teilzunehmen. Weigern sich, halbwegs sympathisch zu sein. Wie immer.

Minute 75 – Kaum haben wir es gesagt, kommen die Zürcher zu einer Chance. Bezeichnend: Die Chance resultiert aus einem Konter, aber Zigi ist da. Gutes Stichwort.

Minute 73 – „Züri bringt jetzt gar nüt i de zweite Halbzeit, debi sinds doch jetzt eine meh“, R.S. kann es nicht glauben. Ich auch nicht: St.Gallen macht hier weiter das Spiel.

Minute 68 – St.Gallen spielt hier nur noch zu zehnt. Quintilà sieht gelb-rot. Dabei hatten doch vor allem Zürcher Spieler gelbe Karten. Ob das hier noch gut kommt?

Minute 66 – „Zersch Pfoste und denn e Glanztat vom Brecher.“ Ich will wissen, welcher St.Galler aufs Tor geschossen hat. A.B. meint: „Zersch de Ruiz an Pfoste und denn de Duah, glaubi. S Siebenezwanzgi uf jede Fall.“ Spannende Randnotiz: Beim FCSG trägt niemand die Nummer siebenundzwanzig. Als ich A.B. mit seiner kühnen Annahme konfrontiere, sagt er: „Schriebsch eifach en Name, sind do nöd bim Fernseh.“

Minute 64 – Höre aus einiger Entfernung James Wehrlichs besorgte Stimme und bin wieder in meinem Kinderzimmer. Zwölf Jahre alt, die Noten zu schlecht, um werktags ins Stadion gehen zu dürfen, die St.Galler tragen Adidasshirts und ich ein wenig Liebeskummer in mir, weil ich nicht dabei bin, als Gjasula einen Freistoss gegen GC direkt verwandelt.

Minute 60 – Freistoss Quintillà, 20 Meter vor dem Tor. St.Gallen schnuppert am Ausgleich. Ehrewort.

Minute 59 – Siebenmal mehr gelbe Karten als Tore. Viel mehr muss man über dieses Spiel nicht sagen, wenngleich St.Gallen nun deutlich mehr macht als der FCZ, der jede Ambition, in der Offensive etwas zu gestalten, aufgegeben hat. Während ich versuche, die vergangenen Minuten in Worte zu fassen, rät A.B.: „Schrieb doch: ‚Sie schnuppern am Ausgleich.'“

Minute 56 – Der letzte Eintrag verdeutlicht deutlich die Unterschiede zwischen den Tickerern. R.S. weiss sämtliche Namen, ich würde ständig von Zürchern schreiben. Es gibt einen weiteren Unterschied: R.S. wirft seine Zigi-Stümmel in seinen Becher, dadurch wird das Bier natürlich ungeniessbar. Und ein weiterer Unterschied: R.S. wusste natürlich, dass es in Lausanne zur Halbzeit 3:1 stand, dabei war er nicht einmal dort…

Minute 52 – Görtler sucht nach einem guten Einfall. Und findet Ruiz, der nicht weit entfernt ist von einem guten Einfall. Narrt Dzemaili, indem er den Ball mit der Hacke an- und mitnimmt. Stiefelt zur Grundlinie, wo er dann zurücklegt. Doch im Fünfer ist nur Nathan, der Pseudo-Weise, der den Ball in die Hände von Brecher grätscht.

Minute 48 – A.B. vergisst konsequent den Abstand nach dem Bindestrich, der die zeitliche Verortung von der Beschreibung des Geschehnisses trennt. Eigentlich schön. Verachtet den Abstand und sucht die Nähe. Ein linguistischer Kuss. Eine sprachliche Kisscam.

Minute 46 – Ob die Teams wollen oder nicht, der Schiri hat wieder angepfiffen. Wir hoffen auf einen Start in die zweite Halbzeit wie in Lausanne, dann gibts jetzt hier gleich zwei Eckballtore und einen Penalty für den FCSG.

21.34 Uhr – Die Kisscam fällt weiter aus. Schade, knutschende Pärchen hätten mich jetzt irgendwie aufgemuntert.

21.33 Uhr – Die Spieler des FCSG sind bereits wieder hier. Die Zürcher lassen noch auf sich warten.

21.28 Uhr – Ich habe mich gerade gewundert, dass die Chef-Etage bestehend aus R.S. und R.S. sich bisher nicht gemeldet hat. Offenbar machen wir alles richtig. R.S. meint ziemlich nüchtern: „Worschinli liest er nöd“.

21.22 Uhr – Die Koordinaten meiner grössten Liebe: 9000, zwei Promille, 0:1. Da isch üsen FCSG.

21.20 Uhr – Der FC St.Gallen ist zwar nicht überzeugend in der ersten Halbzeit, hat aber dennoch eigentlich mehr vom Spiel. Er liegt dennoch im Rückstand. Gott sei Dank habe ich genügend Tabak dabei.

21.19 Uhr – PAUSE

Minute 47 – Kololli trifft, Zürich führt, wir sind bedient.

Minute 46 – Der VAR greift natürlich nicht ein. Die Zürcher waren bisher so mies wie die St.Galler, aber haben hier die Chance in Führung zu gehen. R.S. ist derweil beim „Glücksbisi“.

Minute 45 – Penalty für den FC Zürich. Juuu ah!

Minute 44 – Hier ist bisher eigentlich noch gar nichts, ja wirklich nichts Spannendes passiert. Und bald ist Halbzeit. Gott sei Dank haben wir leere Becher gefunden und dürfen rauchen.

Minute 41 – Lüchinger, sinniert A.B. fachmännisch, vergesse immer wieder, dass auch der Ball zum Tschuttä gehöre. Oft liegt die Wahrheit im Offensichtlichen, im vermeintlich Selbstverständlichen.

Minute 40 – Die Zürcher Bank, wobei, Tribüne, sieht ein Foul und beschwert sich lautstark. A.B. steht auf, beugt sich über das Tischchen auf der Pressetribüne und fragt rhetorisch: „Da isch e Foul? Wer vo üs het d Brille ah? Du oder i?“ Der Zürcher Ersatzspieler dreht sich um und für einen Augenblick ist es, als eskaliere die Situation. Ich habe bereits das Handy in der Hand, Videomodus, teste das Licht und wähne mich bereits als Besitzer von fünfzig Franken als erfolgreicher Blick-Lesereporter. Doch das Spiel hat andere Pläne und rettet sich und mich in eine nächste, nicht minder strittige Szene.

Minute 37 – Wir hatten einen „Gingg“ angekündet und das ist es bisher auch. Mamma mia.

Minute 35 – Die Freistösse, die aus den Foulspielen resultieren, bringen bisher herzlich wenig ein. Die Torgefahr, welche die St.Galler bisher ausstrahlen, ist vergleichbar mit einem Säugling, der mit seinem Nuggi beschäftigt ist.

Minute 34 – Die Zürcher glänzen bisher mit Härte. Alle zwei, drei Minuten muss ein St.Galler gepflegt werden. Nicht wirklich flott von den Gästen.

Minute 32 – R.S. hat ein Faible für Fakenews. Es handelt sich vermutlich um meine fünfte Zigarette im Stadion. Aber das ist noch grosszügig geschätzt. Er hätte mich in Genf erleben sollen. Aber ja, ich gebe ihm definitiv die Schuld für das bisher Gebotene. Etwas anderes als Schmutz fällt mir gerade nicht ein. Immerhin liegen die Espen nicht wie in Lausanne bereits in Rückstand.

Minute 26 – A.B. bei seiner inzwischen siebten Zigarette. Verwirft die Hände, vertreibt damit den verbrannten Tabak und seinen eigenen Ärger. Dann vorwurfsvoll in meine Richtung: „Jedes Mol, wenni mit dir tue tickere, gits e huere Schissspiel.“ Jetzt macht er mich noch für die mangelnde Unterhaltsamkeit bei Heimspielen verantwortlich. Ist ja nicht so, dass ich nicht bereits den Weltschmerz zu schultern habe.

Minute 24 – Ein besonderes Auge haben wir heute natürlich auf die Eckbälle des FCSG. Schliesslich haben die Ostschweizer zuletzt zweimal nach Corner getroffen. Das passiert sonst nie.

Minute 23 –Was auf dem Feld bisher so passiert ist, kann ich nicht wirklich sagen. Aber wirkliche Aufreger waren nicht dabei – nehme ich mal an.

Minute 21 – Zeidler ruft: „Zumachen, jetzt! Zumachen!“ So stelle ich mir die Bundesratssitzungen am Mittwoch vor.

Minute 20 – A.B. ist zurückgekehrt und erntet ein „grossartig“. Er hat seinem Gspänli ein Schinken-Weggli mitgebracht und zwei leere Becher, die er danach mit Gerstensaft aufgefüllt hat. Aber das bleibt unter uns.

Minute 13 – Guillemenot ist verhaltensauffällig. Wird zunächst mit einem langen Ball geschickt. Sein Schuss landet nicht im, sondern am Netz. Am Aussennetz. Der FCSG präferiert ungünstige Präpositionen. Nun denn. Keine Minuten später kämpft Guillemenot an der Grundlinie um den Ball. Es wird geschrien und gepöbelt. Handelsübliche Vorgänge, von denen nichts bleibt als Lärm und ein Gefühl der Wärme. Ich sehe die Szene nicht, weil mich die Zigi von A.B. nach wie vor beschäftigt. A.B. ist im Innenraum des Stadions verschwunden und sucht eine Toilette.

Minute 10 – Wir haben Zürich in den letzten Tagen ja den Ruf als Krawallstadt streitig gemacht. Besiegen wir die Zürcher heute auch auf dem Fussballplatz? Ich habe meine Zweifel. In St.Gallen haben sie gestickt. In St.Gallen sind sie ausgetickt. In St.Gallen haben sie gerne auf die Tabelle geblickt. Allem wohnt der Abschied inne.

Minute 8 – Oha, ein sporthistorischer Mensch tickert heute mit mir. Wenn ich Blerim höre, denke ich eher an STM, mein Heimatdorf im Rheintal.

Minute 6 – Blerim Dzemaili steht auf dem Platz. Einen Namen, den ich mit einem Pfosten assoziiere. Achtelfinale, 2014, Argentinien. Seit er im FC Zürich spielt, lässt sich das Wort „Pfosten“ mit dem Zusatz „voll“ erweitern.

Minute 5 – Bevor falsche Vermutungen entstehen. Es handelt sich um ganz normale Zigaretten. Sportzigaretten habe ich vor gut zwei Wochen aufgegeben.

Minute 3 – Die Selbstgedrehten von A.B. machen etwas mit mir. Ich mutmasse: nichts Gutes.

Minute 2 –Kaum hat die Partie begonnen, wird uns einmal mehr aufgezeigt, dass es heute viel Geschrei geben wird vom Feld und nicht von den Rängen. #ScheissCorona

Minute 1 – Anpfiff. Der Ball rollt.

20.28 Uhr – R.S hatte gerade einen guten Einwand. Vermutlich ist der älteste Tickerer der Mann, der zuletzt den Laptop vergass.

20.27 Uhr –Was soll ich sagen, seit ich ein Gspänli hatte ohne Laptop fühle ich mich plötzlich in der Pflicht. Vermutlich auch weil ich der älteste bin, der für SENF tickert.

20.22 Uhr – A.B. wird plötzlich von einem seltsamen Pflichtbewusstsein übermannt. Fragt mich, ob ich Titel und Lead übernehmen wolle. Natürlich will ich das nicht. A.B. bietet an, das zu übernehmen. Warum auch immer. Daraufhin studiert er eine interne Weisung, die erklärt, wie Titel und Lead den auszusehen haben. R.S., die graue Eminenz, sei dafür verantwortlich. Ich bin angemessen fassungslos.

20.21 Uhr – Hier werden im ersten Eintrag bereits Fakenews verbreitet… Hallo? Ich hatte natürlich noch nicht zehn Dosen Bier. Heisst: Ich bin auch nicht angetrunken.

20.14 Uhr – So, A.B. und ich, R.S., haben uns im Stadion eingefunden. Beide haben einigermassen einen sitzen. Was bei A.B. eine zweistellige Anzahl Bierdosen bedeutet. Ich bin derweil einstellig, einfältig, einsam, einzigartig.